Thilo Koch

Heute – 206 Wochen ohne Dich –

Ich habe von Dir geträumt, Thilo, so krass. Ich stehe im Schlafzimmer und sehe durch das Fenster. Rainer kommt mit Dir die Treppe hoch, die Treppe, die es schon seit 30 Jahren nicht mehr gibt und die Du nie kennengelernt hast. Auch bist Du 30 Jahre jünger, mit langem Haar, so wie ich Dich von den Bildern her kenne und jungen Gesichtszügen. Aber Du bist so, wie Du schon immer warst. Lässt den anderen den Vortritt, stehst in 2ter Reihe. Du hast ein zartes Lächeln auf dem Gesicht und freust Dich. Rainer zuerst und Rainer klingelt bei mir, Rainer sieht aus wie heute. Ich bin von Deinem Anblick völlig perplex. Ich will die Tür aufreißen, mich in Deine Arme schmeißen, meinen Kopf an Deine Brust lehnen und Deinen Duft tief einatmen. Aber ich rieche - nichts. Und im selben Augenblick frage ich mich, wie kannst Du mir das antun, Thilo ? Wie kannst Du mich fast 4 Jahre lang in dieser furchtbaren Trauer glauben lassen, Du wärest tot und dann lebst Du? Weißt Du, was ich durchgemacht habe ? Ich bin erstarrt und nicht in der Lage die Tür zu öffnen. Zu heftig sind die Gefühle. Und dann geht ihr. Ich sehe Dich auf einem Fahrrad die Straße runter fahren mit wehenden Haaren.

Die Vergangenheit erlaubt in der Gegenwart keine Zukunft.

Du fehlst mir so sehr, Thilo.

Heute – 205 Wochen ohne Dich –

‚Sweetie, kannst Du mal ?‘ ‚Was denn?‘ ‚Na der Kakao müsste untergerührt werden, ich mache gerade was anders.‘ ‚Klar.‘ Über dem Mehl in der Edelstahlschüssel befindet sich Kakao und etwas Backpulver. Du rührst vorsichtig unter. ‚Reicht schon, danke.‘ ‚Nee, ist noch nicht gut.‘ ‚Ach Thilo, das muß nicht so perfekt werden.‘ ‚Doch.‘ Und Du rührst weiter, bis ein einheitliches schönes Mehlgemisch entstanden ist. Ich schaue Dich an und lächele. ‚Danke, Thilo.‘ ‚Gerne.‘

Gerade habe ich wieder gebacken, dieses Wochenende. Und wieder Mehl und Kakao vermischen müssen. Ich schaue in die Schüssel. Sieht nicht gut aus. Ist nicht einheitlich. Könnte viel besser sein. Das da ist eindeutig nicht von Thilo gemischt, das sehe ich sofort. Und wieder einmal fällt mir bei einem Blick in eine Backschüssel auf, wie sehr Du mir fehlst. Es könnte besser sein. Alles.

Du fehlst mir so unglaublich, Thilo.

Heute – 204 Wochen ohne Dich –

Ach Sweetie, Du fehlst mir so.

Für alles.

Vor allem fürs Leben.

So sehr.

Heute – 203 Wochen ohne Dich –

Der Himmel ist blau, das Wetter einfach traumhaft, fast schon sommerlich im Frühling und die Saison der Gartenmärkte hat schon wieder begonnen. 15 Jahre lang sind wir auf jedem großen und kleinen Markt im Umkreis von etwa 250 km gewesen. Du fachsimpelst mit den Ausstellern in Deinem Metier und akribisch notieren wir zu Hause die innovativen Ideen, die uns begegnet sind, sowie alle Sachen, die einen Weg in unseren Garten gefunden haben. Am besten sind die Märkte mit 120 – 150 Ausstellern und wenn wir morgens pünktlich um 10:00 starten, kann es schon mal bis 17:00 dauern, bis wir mit allem durch sind. Aufgefüllt mit neuen Ideen und euphorisiert von der traumhaften Atmosphäre kommen wir beschwingt nach Hause. Ich liebe Gartenmärkte mit Dir. Dieses Wochenende war wieder einer in Laubach. So gerne würde ich hingehen, Thilo, aber ich kann es nicht. Ich kann es nicht ohne Dich. 

Du fehlst mir so sehr.

Heute – 202 Wochen ohne Dich –

Ich hab in einem Laden einen witzigen Spruch gelesen, so ein Deko-Schild. Noch während dem Lesen war mir klar, das ist genau Dein Ding. Du hättest laut aufgelacht. Und irgendwie habe ich Dein Lachen gehört, in mir. Deine Reaktion erlebt, obwohl Du nicht neben mir stehst. Du bist trotzdem da. Ich kenne Dich so gut. Und dabei muß ich lächeln. Genau Dein Ding, Thilo. So passend.

Du fehlst mir so sehr.